Der Verbrecher aus verlorener Ehre by Friedrich Schiller

Der Verbrecher aus verlorener Ehre by Friedrich Schiller

Autor:Friedrich Schiller
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783159604497
Herausgeber: Reclam
veröffentlicht: 2014-01-21T05:00:00+00:00


Er wird Mitglied und endlich Anführer einer Jaunerbande.

In dem Augenblick, da die fürchterliche That gethan war, verließ ihn jede Wuth, und peinigende Angst und betäubender Schrecken traten an ihre Stelle. Er floh, sobald er seinen Feind fallen sah, ohne Bewußtseyn, ohne Absicht, blos um sich selbst und seinen eigenen quälenden Gedanken zu entfliehen, fort, bis er endlich von Müdigkeit bezwungen, mitten in einem Walde still stand. Und nun erst war er fähig, über seinen Zustand nachzudenken, nun erst stellten sich die schrecklichen Folgen seiner Handlung, die um Rache schreyenden Kinder des Ermordeten, der Fluch und der Abscheu aller Menschen, die den Mörder verfolgen, und die furchtbaren und schrecklichen Strafen der Obrigkeit, seinem Gewissen vor, nun sah er sich selbst von Müllerin, von ihr, um deren willen ihm allein das Leben theuer war, auf ewig getrennt, vielleicht gar gehaßt und verabscheut.

In dem Augenblick, da der unglückliche in diese Gedanken versunken war, stand plözlich ein unbekannter Mann vor ihm, der ihn vertraulich anredete. Ich kenne dich nicht, gab ihm Schwan mißmuthig zur Antwort; Aber ich dich, erwiederte der andere, und erzählte ihm hierauf, daß er ein Mitglied einer sehr ansehnlichen Gesellschaft von Räubern sey, daß diese ihn so eben abgeschickt hätten, um Schwanen, [72] einen ihnen längst rühmlich bekannten und nach ihrem Urtheil zu größern Dingen fähigen Mann, in ihre Gesellschaft einzuführen, und daß diese Gesellschaft seinem Genie eine viel größere und sogar viel sicherere Sphäre der Wirksamkeit eröfnen werde.

Der Neuling im Laster lernt sich oft erst durch die beschämende Vertraulichkeit, die andere Lasterhafte jezt zum erstenmal gegen ihn annehmen, und durch ihre Lobeserhebungen kennen.

Selbst Schwan erschrack vor dieser Anerbietung und diesen Lobeser­hebungen, indem sie ihm nur zu deutlich sagten, welche Schritte er schon in der Bosheit gemacht habe. Auch schwebten ihm die Gefahren vor, in die er sich durch die Verbindung mit einer Jaunerbande stürzte; Er zauderte also, so sehr ihn auch jezt die Noth drang, den gemachten Antrag anzunehmen, und gieng nur nach langen und anhaltenden Bit­­ten des andern, und noch immer entschlossen, sie wieder zu verlassen, zur Gesellschaft.

Sie kamen gegen Mittag an, die Gesellschaft war in einem Wald gelagert, ein ganzes gebratenes Schwein, und eine Menge Wein stand vor ihnen; Alles war froh und lustig, und nöthigte Schwanen bey ihnen Plaz zu nehmen. Nach dem Essen, das ihm nach langem Hunger nicht wenig schmeckte, stellten sie ihm alle ihre Vorzüge sehr reizend vor, ihre stete Lustigkeit, ihren Ueberfluß an Essen und Trinken, und ihre Sicherheit; besonders erhoben sie ihre Art zu stehlen, über die seinige, und lehrten ihn den für ihn in der That höchst wichtigen Unterschied zwischen Gassen- und Haußdieben, welche beyde sie nicht wenig verachteten, und zwischen Marktdieben, welche sie weit über jene erhoben, und unter welche Classe sie sich selbst zählten.

Diß alles würde ihn indessen wenig gerührt haben, wenn ihn nicht etwas anders angezogen hätte. Drey Schwestern saßen herum, alle jung, alle sehr schön, und die schönste höchst einladend und buhlerisch. Von allen ließ ihm die Gesellschaft die Wahl, welche er zur Frau wählen wollte. Schwan,



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